Über „Kunst und Funktion”

1984 hatten sich dreißig zumeist jüngere Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker zusammengefunden, um unter dem Paradigma der Funktion eine Geschichte der Kunst zu schreiben. Der Saarländische Rundfunk produzierte dieses Programm im Verbund mit weiteren Rundfunkanstalten als „Funkkolleg Kunst”. Das Deutsche Institut für Fernstudien in Tübingen war zuständig für die didaktische Aufbereitung der umfangreichen Begleitmaterialien. Der damalige Erfolg war erstaunlich: Weit über 40.000 Kollegiatinnen und Kollegiaten hatten sich fest eingeschrieben, von denen über 15.000 durch Teilnahme an Prüfungen ein Zertifikat erwarben.

Im Rahmen des ab 2001 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten e-Learning-Großprojektes „Schule des Sehens” konnte unter dem Titel „Kunst und Funktion” eine komplett aktualisierte Online-Version dieses Lernprogramms produziert werden. Die Autoren des ursprünglichen Funkkollegs hatten sich bereit erklärt, ihre Texte grundsätzlich zu überarbeiten. Die strukturelle Neukonzeption und redaktionelle Betreuung fand am kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin statt. Die Inhalte erscheinen nun in einer neuen mediengerechten Präsentation, sie wurden didaktisch aufbereitet und reichhaltig mit neuem Material erweitert.

Warum wurde die Funktionsfragestellung beibehalten? Zum einen, weil es möglich ist, mit ihrer Hilfe eine konsequente, nicht überbordende Geschichte der Kunst zu entwerfen, zum anderen, weil sie materielles und historisches Wissen als eine entscheidende Basis der Kunstgeschichte zu befestigen weiß. Kunst war im Laufe der Geschichte vielfältigen Funktionsanforderungen ausgesetzt, ihre ästhetische Autonomie konnte sie erst im Museum beanspruchen, und diese Institution ist noch kaum zweihundert Jahre alt. Insofern wird hier auch die Ästhetisierung als eine Funktionszuschreibung an die Kunst begriffen. Insgesamt werden vier Funktionen behandelt, die als ihre zentralen gelten können: die religiöse, die ästhetische, die politische und, als eine die gesamte Geschichte der Kunst begleitende Grundfunktion, die abbildende. Sie kreisen jeweils um exemplarische Gegenstände bzw. Fragestellungen.
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